Die frühere Provinzial-Arbeitsanstalt Brauweiler hatte in diesen Jahren bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich: 1809 war in den Gebäuden der 1802 aufgehobenen Benediktiner-Abtei ein Bettler-Depot eingerichtet worden, aus dem sich eine der Rheinischen Provinzialverwaltung unterstehende Arbeitsanstalt entwickelte. Nach zeitgenössischer Terminologie hatten die Insassen der Provinzial-Arbeitsanstalt Delikte wie "Landstreicherei", "Bettelei", Armut hervorgerufen durch "Müßiggang", Spielsucht oder Alkoholmissbrauch, gesetzwidrige Prostitution, "Arbeitsscheu" bei Unterstützungsempfängern, Obdachlosigkeit und schließlich auch Zuhälterei begangen. Seit 1933 entwickelte sich die Arbeitsanstalt ganz im Sinne der neuen Machthaber, indem nunmehr die Ausgrenzung und Diskriminierung von "Asozialität" mit nie gekannter Rigorosität wie Radikalität umgesetzt wurde. 1933/34 wurde hier eines der ersten Konzentrationslager errichtet, vor allem seit 1938 erfolgte die Unterbringung ganz unterschiedlicher Gruppierungen: Genannt seien hier die vorübergehende Sammlung von "Staatsfeinden" und Juden vor dem Weitertransport in Konzentrationslager, "Edelweißpiraten" aus Köln oder auch ausländischer Widerstandskämpfer. Folter und Tötung von Häftlingen, die nach zeitgenössischer Einschätzung die Volksgemeinschaft schädigten, gehörten insbesondere in den letzten Kriegsjahren zum "Alltag" in der Anstalt. Im Vergleich mit den anderen Insassen ging es Adenauer im Zellenbau relativ gut. Nach einer Erkrankung wurden ihm sogar Spaziergänge verordnet. Der Aufsichtsbeamte Jakob Dahmen, wie Adenauer ein gläubiger Katholik, verschaffte ihm ein Schott-Messbuch, Schreibzeug und andere Bücher und gewährte ihm sonstige Vergünstigungen. Er sorgte auch für den Aufschluss der Zelle, wenn die Gestapo nicht im Hause war. Da Adenauer zudem nur ein Fluchtversuch vorgeworfen wurde, wurde er bei den Verhören durch Gestapokommissar Bethke auch nicht Opfer von Folterungen. Im Übrigen wartete man auf Anordnungen aus Berlin, was weiter mit ihm geschehen solle. Allerdings wurde Adenauer unmittelbarer Zeuge der Vorgänge in seinem Gebäudetrakt. So bekam er die Exzesse beim Verhör anderer Häftlinge mit, die dem ebenfalls damals in Brauweiler tätigen Gestapokommando unter Ferdinand Kütter unterstanden: Hierzu gehörten osteuropäische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Mitglieder der Köln-Ehrenfelder Gruppe Steinbrück sowie Mitglieder der Kölner Widerstandsgruppe "Nationalkomitee Freies Deutschland". Dieses Sonderkommando zeichnete sich durch eine besondere Grausamkeit aus. Adenauers Zelle befand sich über dem Verhörraum. Adenauer schrieb später: "In dem Gestapogefängnis, in dem ich war, waren zu der Zeit 67 Leute. Davon sind 27 aufgehängt worden, und einer wurde erschossen…"
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