Die Translozierung einer Burganlage wäre ein bis dato einmaliges Unterfangen gewesen. Als Translozierung bezeichnet man ein besonderes Verfahren der Gebäudeversetzung. Üblicherweise werden Gebäude versetzt, indem sie als Ganzes vom Grund gelöst und anschließend auf Schienen oder Rollen an ihren neuen Standort transportiert werden. Dabei handelt es sich allerdings meistens um Strecken von wenigen hundert Metern. Eine Burg aus Elsdorf lässt sich aber nicht so einfach in das fast 50 Kilometer entfernte Kommern verschieben. Eine Translozierung sieht deswegen vor, dass ein Gebäude systematisch in Einzelteile zerlegt, abgebaut und dokumentiert wird, ehe es an seinem neuen Standort möglichst originalgetreu rekonstruiert wird. Ein aktuelles Beispiel einer solchen Translozierung ist etwa die Stabkirche Stiege in Sachsen-Anhalt, die beginnend im März 2021 an ihrem ursprünglichen Standort abgebaut wurde und am 20. Mai 2022 am neuen Standort in der Nähe des Stieger Bahnhof eingeweiht wurde. Eine Translozierung ist aber aus Perspektive der Denkmalpflege auch nicht ganz unbedenklich. So verliert das Gebäude in diesem Prozess nämlich den bauhistorischen Kontext und seine gewachsene Umgebung [3]. Die Translozierung kann deswegen nur die letzte Lösung sein, um ein Denkmal vor der ansonsten vollständigen Zerstörung zu bewahren. Auf die Anfrage des Kolping Bildungswerkes reagierte der Kulturausschuss des LVR zunächst mit einstimmiger Begeisterung. Mit Adjektiven wie „reizvoll“, „faszinierend“ und „spektakulär“ wurde das Projekt von Ausschussmitgliedern versehen. [4] Auch vom Freilichtmuseum Kommern wurde der Vorschlag einer Translozierung der Burg Reuschenberg wohlwollend aufgenommen. Da eine bevorstehende Parkplatzverschiebung auch die Konzeption eines neuen Eingangsbereichs nötig machte, kam die Idee auf, den Wohnturm und das Herrenhaus [Abb. 2] der Burg als Eingangsgebäude nutzbar zu machen und damit auf einen Neubau verzichten zu können. Die Rheinbraun AG, die zu diesem Zeitpunkt bereits Eigentümerin des Grundstücks war und auch schon eine Abrissgenehmigung eingeholt hatte, sah dem Projekt etwas nüchterner entgegen. Zwar hatte sie grundsätzlich nichts gegen eine Translozierung einzuwenden. Allerdings wurde auch von Anfang an klargestellt, dass das Projekt von Rheinbraun nicht mitfinanziert werde und es zudem auf keinen Fall ihren Zeitplan verschieben dürfte. Spätestens bis zum 31.12.1998 müssten alle Arbeiten beendet sein. [5] Trotz anfänglicher Euphorie stellten sich bald grundlegende Fragen um die Realisierbarkeit des Projekts. Bei einer gemeinsamen Besprechung aller beteiligten Parteien wurden zentrale Probleme angesprochen. Da wäre zu einem die knapp bemessene Zeit. Das Kolping Bildungswerk ging in ihrer ersten Machbarkeitsstudie fälschlicherweise von einem Zeitraum vom 01.05.1998 (laut Landschaftsverband der früheste mögliche Starttermin) bis zum 31.12.1998 aus. Doch wurde dabei nicht berücksichtigt, dass das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege bereits beauftragt worden war, von Oktober bis Dezember 1998 Ausgrabungen unter dem Gemäuer der alten Burg durchzuführen. Unter dieser Bedingung hätte die gesamte Demontage in fünf anstatt acht Monaten bewältigt werden müssen. Dies machte umso mehr Sorge, weil die Demontagetechnik ebenfalls nicht ausreichend durchdacht wurde. Um möglichst viel der ursprünglichen Bausubstanz zu erhalten, sollte die Anlage nicht „Stein für Stein“ abgetragen, sondern in sogenannte Wandscheiben [Abb. 3] zerlegt werden. Die dafür vorgesehene Sägetechnik wäre allerdings mit einer konservatorisch nicht vereinbaren Durchnässung des Gesteins verbunden gewesen, was zwangsläufig zu einer Beschädigung der porösen Bausubstanz geführt hätte. Gleichermaßen hätten Hebe- und Transportsysteme überdacht werden müssen. Für Kran und Transportfahrzeuge waren nicht entsprechende Zuwege vorhanden. Ebenso hätte eine mit Gabelstaplern 1500 qm große Lagerfläche für die nach Kommern zu transportierenden Blöcke errichtet werden. [6]
|