Die Unwetterkatastrophe vom 14. Juli hat auch in zahlreichen Archiven im Rheinland zu großen Schäden geführt. Erste Meldungen erreichten das LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum (LVR-AFZ) am folgenden Tag. Seitdem sind die Kolleginnen und Kollegen des LVR-AFZ in Brauweiler im Einsatz. Vier Teams mit jeweils zwei bis vier Personen sind an unterschiedlichen Orten präsent. Zusätzlich koordiniert das LVR-AFZ von Brauweiler aus die Einsätze, die Hilfsangebote und die Materialbeschaffung. Durch die in Brauweiler eingehenden Informationen und die Einsätze vor Ort zeichnet sich ein erster Eindruck von der Schadenslage ab. In einigen Archiven sind die gesamten Bestände durch Wasser, Schlamm und Schadstoffe durchnässt und verunreinigt. Hinzu kommen erhebliche Schäden durch mechanische Einwirkungen wie Schutt, Geröll oder zusammengebrochene Regalanlagen. Zu den schwer geschädigten Archiven zählen unter anderem die Kommunalarchive in Stolberg, Kall, Bad Münstereifel, Leichlingen und das Archiv des Nationalparks Eifel in Gemünd. Dort sind die Bestände in ihrer Gesamtheit betroffen. Die Schadensbilder sind vielfältig. Das Ausmaß der Schäden und damit auch die zu erwartenden Kosten für die konservatorische Behandlung lassen sich derzeit noch nicht abschätzen. Dies ist erst nach Abschluss der Bergungsarbeiten möglich, wenn ein Überblick über die Menge des konservatorisch zu behandelnden Archivguts und die Art der Schäden gewonnen ist. Die Bedingungen für den Einsatz an den besonders betroffenen Orten sind außerordentlich schwierig. Einzelne Orte sind nur schwer zu erreichen, da die Zufahrtstraßen zerstört sind. Für eine angemessene Bergung und konservatorische Erstversorgung fehlt es in der Regel bereits an den wesentlichen Voraussetzungen: Es gibt kein klares Wasser zum Abwaschen des Schmutzes und keinen Strom. Die Unterlagen sind von Wasser, Schlamm, Schadstoffen (v.a. Öl) und Fäkalien durchtränkt. Durch die Kraft des Wassers und mitgespülter Elemente wurden selbst Rollregale verbogen, verschoben und weggespült. Der Zugang zu den Archivalien ist daher oft erst nach dem Einsatz von schwerem Gerät zur Räumung möglich. Ziel der Arbeiten ist eine möglichst vollständige Bergung der Archivunterlagen. Dann erfolgt eine notdürftige Reinigung (Abspülen), das Einwickeln mit Stretchfolie, die Ablage in Boxen, der Transport in ein Kühlhaus zum Einfrieren. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt dann die Gefriertrocknung der Unterlagen, ein Verfahren, um durchnässtes Archivgut wiederherzustellen. Hierfür stehen spezielle Anlagen unter anderem bei der Stadt Köln und im Bundesarchiv in Koblenz zur Verfügung. Anschließend wird das getrocknete Archivgut gereinigt und neuverpackt. Nach Möglichkeit werden im Zuge der Erstversorgung Bergungslisten erstellt. Erfreulicherweise sind aber die Archive selbst in den besonders stark betroffenen Regionen wie den Kreisen Euskirchen, Rhein-Erft, Rhein-Sieg und Düren nicht flächendeckend geschädigt. So blieben aufgrund ihrer Lage abseits der Hochwasserströme selbst Archive in besonders stark überfluteten Städten und Gemeinden wie Erftstadt, Rheinbach und Swisttal verschont. In den beiden letztgenannten Orten sind jedoch die städtischen Aktenkeller vom Hochwasser getroffen worden. Auch hier bergen Helfer mit Unterstützung des LVR-AFZ Unterlagen, die für die Tätigkeit der Stadtverwaltung noch dringend benötigt werden, zum Beispiel Bebauungspläne und Personalakten. Einsatz und Koordinierung der Hilfsleistungen Die Leitung der Einsätze in den Archiven übernehmen die örtlichen Archivkräfte. Externe sind vor allem beratend tätig. Wo örtliche Mitarbeitende nicht einsatzfähig sind, übernimmt das LVR-AFZ die Koordination. Das LVR-AFZ leistet nicht nur Hilfe vor Ort. In einem derzeit leerstehenden Gebäude des LVR konnte ein provisorisches Reinigungszentrum und Zwischenlager eingerichtet werden, in dem besonders anspruchsvoll zu bearbeitende Unterlagen (v.a. Urkunden und Pläne) vorgereinigt und zum Trocknen ausgelegt werden. Andere Unterlagen werden für die Gefriertrocknung vorbereitet. Das LVR-AFZ bemüht sich außerdem um zentrale Lagerflächen. Zusätzlich unterstützen Mitarbeitende kommunaler Archive, deren Häuser nicht betroffen sind (Aachen, Bonn, Bornheim, Köln, Meckenheim, Siegburg u.a.), die Hilfseinsätze. Helfer vor Ort waren in den ersten Tagen in ausreichendem Umfang vorhanden. Hilfsangebote / Hilfe Das erste Hilfsangebot erreichte das LVR-AFZ bereits kurz nach Bekanntwerden der Katastrophe von Seiten des Bundesarchivs. Es folgten weitere Hilfsangebote von zahlreichen nicht betroffenen Archiven und Einrichtungen aus dem In- und Ausland. Zu nennen sind neben vielen nichtstaatlichen Archiven im Rheinland auch Archive und Bibliotheken aus Thüringen, Sachsen, Niedersachsen, Frankreich und Italien sowie die Fachhochschule Potsdam und das Landesarchiv NRW. Zu einem späteren Zeitpunkt wird auch Hilfe bei der konservatorischen Behandlung der getrockneten Archivalien in Anspruch genommen werden müssen.
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