Im März 1940 sollte in der PHP Bedburg-Hau ein Marinereservelazarett eingerichtet werden. Zu diesem Zwecke war vorgesehen, einen Großteil der psychisch Erkrankten schnellstmöglich zu verlegen. „Rund 2.200 Patienten wurden innerhalb einer Woche, in der Zeit vom 26. Februar bis zum 4. März 1940, von einer aus Berlin angereisten Ärztekommission überprüft. In der darauffolgenden Woche wurden über 1.700 von ihnen aus der Rheinprovinz hinausverlegt, der überwiegende Teil direkt in den Tod nach Brandenburg und Grafeneck." [7] Die Auswahl der zu deportierenden Patientinnen und Patienten erfolgte mit Hilfe des Formulars „Meldebogen 1". In den übrigen Rheinischen Anstalten wurden Meldebögen erst einige Monate später, ab Juni 1940, ausgefüllt. Bedburg-Hau war dementsprechend die erste Anstalt, in welcher derartige Beurteilungsformulare zum Einsatz kamen. Auf den Bögen wurden neben den Stammdaten der Betroffenen (Name, Geburtsdatum etc.) vor allem die jeweiligen Beschwerden erfasst. Darüber hinaus wurde auch aufgenommen, ob mit einer zeitnahen Entlassung zu rechnen sein könnte. Zu den Symptomen, welche die Kommission einzutragen hatte, zählten neben Krankheiten wie Schizophrenie auch Klassifikationen wie „Idiot" oder „Schwachsinn". Obwohl der „Meldebogen 1" die Grundlage zur Entscheidung über Leben oder Tod darstellte, erfolgte eine Untersuchung der Patientinnen und Patienten oder gar eine Sichtung ihrer Akten nicht. Die Berliner Gutachter entschieden darüber, ob die Betroffenen deportiert werden sollten, was in den meisten Fall die anschließende Ermordung bedeutete, oder ob sie in der PHP Bedburg-Hau bleiben durften. [8] Bereits einen Tag nach Abschluss der Beurteilungen wurden die ersten Abtransporte aus Bedburg-Hau vorgenommen. Am 5. März wurden 150 Männer nach Waldheim verlegt. Weitere 789 Menschen wurden am 6. und 7. März in die Anstalten in Pfafferode, Haldensleben, Grafeneck, Zwiefalten, Eichberg und Herborn gebracht. Am 8. März wurden schließlich 794 Patientinnen und Patienten nach Weilmünster, Altscherbitz, Jerichow, Görden und Brandenburg deportiert. Insgesamt wurden in den drei Tagen vom 5. bis zum 8. März 1.733 Verlegungen aus der PHP Bedburg-Hau durchgeführt. [9] „Die Tatsache, dass viele Transporte von Pflegerinnen und Pflegern aus Bedburg-Hau begleitet wurden, die zum Teil die Patienten an den Zielorten noch eine Weile weiterbetreuten, mag dazu beigetragen haben, dass kein Verdacht aufkam. Auffällig war aber, dass die zahlenmäßig größten Transporte keine Begleitung aus Bedburg-Hau hatten. Deshalb erfuhr man dort zunächst auch nichts über die unmenschlichen Bedingungen des Transportes. [...] Aus den Zielorten der nicht vom Personal begleiteten Transporte nach Brandenburg (335 Personen) und Grafeneck (317 Personen) trafen bald massenhaft Todesmeldungen ein, was großes Misstrauen erweckt haben muss. In der Zeit vom 1. bis 30 April wurden allein aus Grafeneck 276 Patienten und Patientinnen als verstorben gemeldet." [10]
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