Aufgrund seiner Zuständigkeit für die Bewertung ist das Archiv auch die zentrale Anlaufstelle bei allen Fragen zur Schriftgutverwaltung in konventioneller und digitaler Form. Der Gesetzgeber hat diese besondere Rolle des Archivs ausdrücklich festgehalten. Nach §3 Abs. 6 i.V.m. §10 Abs. 5 ArchivG NRW berät das Archiv „die Behörden, […] und sonstigen öffentlichen Stellen bei der Verwaltung, Aufbewahrung und Sicherung ihrer Unterlagen.“ Schriftgutverwaltung meint entsprechend dem englischen Normbegriff Records Management und der DIN ISO 15489-1 die effiziente und systematische Kontrolle und Durchführung der Erstellung, Entgegennahme, Aufbewahrung, Nutzung und Aussonderung von Schriftgut einschließlich der Vorgänge zur Erfassung und Aufbewahrung von Nachweisen und Informationen über Geschäftsabläufe und Transaktionen in Form von Akten. Aufzeichnungen im Sinne des Records Managements sind unabhängig von dem Material, auf dem die Informationen dokumentiert sind. Aufzeichnungen können sowohl Schreiben, Vermerke, E-Mails als auch Karteien, Karten, Pläne, Bild- und Tonaufzeichnungen, mechanisch oder magnetisch angebrachte Markierungen in Belegen sein. Die Argumente für ein geregeltes Records Management lassen sich mit den drei Schlagworten „Nachhaltigkeit“, „Wirtschaftlichkeit“ und „Rechtssicherheit“ auf den Punkt bringen. Die geordnete Ablage von Aufzeichnungen ist eine wesentliche Voraussetzung für die effiziente Bearbeitung von Geschäftsvorgängen, für die nachhaltige Wirkung erledigter Aufgaben, für die dauerhafte Sicherung von Wissensbeständen und für die gesetzlich eingeforderte Transparenz des Verwaltungshandelns. Anbietungspflicht Für öffentliche Ämter und Einrichtungen besteht nach §10 Abs. 4 ArchivG NRW eine Anbietungspflicht für Unterlagen an das jeweils zuständige Archiv. Dies gilt insbesondere auch für digitale Unterlagen und in überwiegendem Maße sogar für solche, die personenbezogene Daten enthalten und nach gesetzlichen Vorschriften mit Ende der Aufbewahrungsfrist vernichtet bzw. gelöscht werden müssten. Die Anbietung an und Übernahme durch das Archiv ersetzt in diesen Fällen die vorgeschriebene Löschung (sog. Löschungssurrogat, § 4 Abs. 2 i.V.m. §10 Abs. 5 ArchivG NRW sowie §10 Abs. 1 DSG NRW). Die Anbietungspflicht dient nicht nur der Verhinderung von unrechtmäßigen Vernichtungsaktionen, sondern entspricht auch datenschutzrechtlichen Anforderungen und dem Grundsatz einer sparsamen und wirtschaftlichen Mittelbewirtschaftung. In Abstimmung mit den aktenführenden Stellen ist das Archiv dafür verantwortlich, dass Unterlagen und Informationen nicht länger aufbewahrt werden als rechtlich erlaubt und fachlich notwendig.
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