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03. November 1954: Das Wappen des Landschaftsverbandes Rheinland wird beschlossen.

Über den Ursprung des Wappenwesens existieren verschiedene Theorien. Seine Entstehung lässt sich im zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts in West- und Mitteleuropa zur Zeit der Kreuzzüge verorten. [1] Die Scharen an Reiterheeren und der erweiterte Gesichtsschutz in Form des Topfhelms mit geschlossenem Visier machten es erforderlich, dass die mittelalterlichen Ritter Unterscheidungsmerkmale in Form von verschiedener Bemalung oder Gestaltung an ihren Waffen, insbesondere der Schilde, anbrachten. [2] Bald dienten die persönlichen Schildbilder nicht mehr nur als Erkennungszeichen im Kampf, sondern wurden auch als Symbole ihrer Familien vererbt und mit Stolz von den Nachkommen geführt. Ab dem 13. Jahrhundert bediente sich ihrer der Adel sowie das Bürgertum und später auch Bauern und juristischen Personen zur Kennzeichnung ihres Eigentums. [3] Das Wappenwesen entwickelte sich im 14.-17. Jahrhundert von der Kampf- zu einer Turnierheraldik bei Ritterkampfspielen weiter, bei denen der sog. Herold u.a. für die „Wahrung der ritterlichen Formen bei den Turnieren zu sorgen hatte und dem die Obliegenheiten des Wappenwesens anvertraut war“. [4] Von besonderer Bedeutung war dabei die Blasonierung, d. h. die Beschreibung des Wappens nach heraldischen Regeln, mit derer der Herold eintreffende Ritter ausrief. Daran schließt sich im Barock die heraldische Verfallszeit an, in der die Bedeutung der Turniere und die ursprüngliche Funktion der Wappen abnahm. Die Wappen wurden opulenter und die Blasonierung, die klar und einfach gehalten werden sollte, umständlich. [5] Eine Rückbesinnung auf mittelalterliche Darstellungsformen erfolgte erst wieder im 19. Jahrhundert in der Romantik und Biedermeierzeit.

Heute werden Wappen durch das Wappenrecht der Kommunen, welches in der Gemeindeordnung begründet ist, nicht verliehen, sondern genehmigt, d. h. der Staat behält sich noch ein Aufsichtsrecht über diese Hoheitszeichen vor. Wappen sind politische Zeichen, „die die 'irrationale Bindung' des Bürgers an das Gemeinwesen ausdrücken“ und bilden in Form der Heraldik eine eigene Wissenschaft. [6]


Das Wappen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) entspricht dem Wappen der früheren Rheinprovinz in seiner amtlichen Fassung von 1926 und ist durch die Landschaftsversammlung in ihrer Sitzung vom 3. November 1954 in unveränderter Form beschlossen worden. Es zeigt in einem grünen Feld einen schrägrechten silbernen Wellenbalken und darüber in einem silbernen Schildhaupt einen auffliegenden schwarzen Adler mit goldenem Schnabel und goldenen Fängen. Entworfen wurde das Wappen von dem Maler und Heraldiker Wolfgang Pagenstecher. [7]

Der Ursprung dieses Wappens lässt sich Anfang des 19. Jahrhunderts verorten als der preußische König die Rheinlande zugesprochen bekam: König Friedrich Wilhelm III. von Preußen übernahm am 5. April 1815 das neue Gebiet in seinen Besitz. Die daraufhin neu gebildeten Provinzen waren die Provinz Jülich-Kleve-Berg im Norden und die südliche Provinz Großherzogtum Niederrhein. [8] In der königlichen „Verordnung wegen des Königlichen Titels und Wappens“ vom 9. Januar 1817 erließ der preußische König neben einem größeren, mittleren und kürzeren Titel passend dazu ein größeres, mittleres und kleines Wappen. In das größere königliche Wappen wurden für die Provinz Jülich-Kleve-Berg die historischen Wappen der Herzogtümer Geldern, Kleve, Jülich, Berg, Moers und Sayn aufgeführt, während hingegen für das Großherzogtum Niederrhein ein neues Wappen geschaffen wurde: „Im silbernen Felde der Königlich-Preußische Adler mit einem Schilde auf der Brust, in dessen grünem Felde ein silberner Strom ist. Ueber diesem Schilde auf der Brust ist die großherzogliche Krone. Der silberne Strom fließet schräg durch das grüne Feld des Schildes.“ [9] Der Adler als Wappentier Preußens geht dabei auf den Deutschen Orden zurück.


Die beiden Provinzen wurden 1822 unter einem Oberpräsidenten vereinigt und seit 1830 unter dem Namen Rheinprovinz geführt. Das neu geschaffene Wappen für die Provinz Großherzogtum Niederrhein gewann schon 1835 für die gesamte Rheinprovinz an Bedeutung und wurde - im Gegensatz zu den Wappen der Herzogtümer der Provinz Jülich-Kleve-Berg - in den Neufassungen des mittleren königlichen Wappens von 1864 und 1873 für die Rheinprovinz aufgeführt. Der Erlass des preußischen Innenministers vom 28. Februar 1871 bestimmte durch Anhörung des Provinzialverbandes wie das Wappen der Rheinprovinz nun offiziell zu führen war. In einem weiteren Ministerialerlass vom 27. Juli 1878 wurde bestimmt, dass das Wappen des Großherzogtums Niederrhein als Provinzialwappen beizubehalten sei, „da dasselbe seit 1817 im Gebrauch und durch den Allerhöchsten Erlaß vom 11.1.1864 ebensowenig, wie durch denjenigen vom 16.8.1873 verändert worden ist.“ [10] Nach mehreren Diskussionen wurden die Farben Grün und Weiß als amtliche Provinzialfarben in dem Ministerialserlass vom 5. November 1882 festgestellt, die bis heute als Farben des Landschaftsverbandes Rheinland fortbestehen. [11]

Aufgrund der veränderten Staatsform Preußens nach dem Ersten Weltkrieg entfielen die monarchischen Embleme auf Anordnung des Ministerums des Innern und die Hoheitszeichen des preußischen Adlers auf dem Provinzialwappen mussten 1922 entfernt werden. Daraufhin trat 1926 der Provinziallandtag zusammen und beschloss ein Provinzwappen, welches die Kennzeichen der Rheinprovinz, nämlich den preußischen Adler und der Wellenbalken auf grünem Grund für das Rheinland enthalten sollte. [12]

Auch nachdem das Wappen des LVR in der Satzung vom 03. November 1954 beschlossen wurde, bestand noch Diskussionsbedarf. Die Darstellung des nach rechtshin auffliegenden Adlers mit links gewendetem Kopf, ist heraldisch nicht korrekt und auch die weitere Verwendung des „preußischer Adlers“ überhaupt, führte zu mehreren Nachfragen aus der Bevölkerung. Es gab im Nachhinein noch Vorschläge und in Auftrag gegebene Entwürfe und Gutachten, die beispielsweise statt des preußischen Adlers den bergischen Löwen den Vorzug gaben. Es blieb jedoch bei dem beschlossenen Wappen von 1954. [13]

Bearbeitung: Lisa Hennefeld


[1] Vgl. Eckart Henning, Wappen, in: Beck, Friedrich (Hg.): Die archivalischen Quellen, Köln 2012, S. 354.

[2] Vgl. Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik, Regenstauf 2006, S. 10.

[3] Vgl. Beck, Friedrich (Hg.): Die archivalischen Quellen, Köln 2012, S. 354.

[4] Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik, Regenstauf 2006, S. 196.

[5] Vgl. Beck, Friedrich (Hg.): Die archivalischen Quellen, Köln 2012, S. 356.

[6] Nagel, Rolf (Hg.), Rechtsgrundlagen der Heraldik, Köln 1988, S. 9.

[7] Vgl. Satzung des Landschaftsverbandes Rheinland vom 3. November 1954 § 2 Abs. 3, in: GV. NRW. 1955 S. 9 (aufgerufen am 07.05.2019).

[8] Vgl. Dieter Kastner, Die Rheinlande vom Wiener Kongreß bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, in: Kastner, Dieter (Hg.): Kleine rheinische Geschichte, Köln 1987, S. 11.

[9] Verordnung wegen des Königlichen Titels und Wappens (Gesetzsammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1817), in: Nagel, Rolf (Hg.), Rechtsgrundlagen der Heraldik, Köln 1988, S. 19.

[10] ALVR, Bestand Brauweiler Archivberatung 2, Nr. 640.

[11] Vgl. ALVR, Bestand Brauweiler Archivberatung 2, Nr. 3, Bl. 22 ff.

[12] Vgl. ebenda.

[13] Vgl. ALVR, Bestand Brauweiler Archivberatung 2, Nr. 640.


Weiterführende Quellen und Literatur

• Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland (ALVR), Bestand Brauweiler Archivberatung 2, Nr. 3, Bl. 22 ff.

• ALVR, Bestand Brauweiler Archivberatung 2, Nr. 640.

• ALVR, Bestand Rheinisches Straßenbauamt Bonn, Nr. 20579.

• ALVR, Bestand Organisationsabteilung der Rheinischen Provinzialverwaltung, Nr. 3113, Bl. 81-82.

• Rolf Nagel: Entstehung, Gestaltung und Gebrauch des Landeswappens von Nordrhein-Westfalen, in: Geschichte im Westen, Jahrgang 1996, Heft 1, S. 35-47

• Rolf Nagel: Rheinisches Wappenbuch, Köln 1986, S. 42.

• Rolf Nagel: Rechtsgrundlagen der Heraldik. Gesetze und Verordnungen des 19. und 20. Jahrhunderts (Archivhefte, 19), Köln 1988.

• Rolf Nagel: Das Nordrhein-Westfälische Landeswappen. Rhein, Ross und Rose, in: Düssedorfer Jahrbuch, Bd. 57/58, 1980, S. 498 ff.

• Gert Oswald: Lexikon der Heraldik, Regenstauf 2006.

• Herold (Hg.): Wappenfibel. Handbuch der Heraldik, Neustadt 1970.

• Alfred Zappe: Grundriss der Heraldik, Limburg 1968.

• Heinz Reise: Vom Wappenwesen und Wappenschwindel, Göttingen 1948.

• Václav Vok Filip: Einführung in die Heraldik, Stuttgart 2000, in: Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen, Bd. 3.

• Friedrich Beck, Eckart Henning (Hg.): Die archivalischen Quellen, Köln 2012, S. 354-365.

• Christiane Brandt-Salloum (Bearb.): Adlers Fittiche. Wandlungen eines Wappenvogels. Dokumentation einer Präsentation des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, Berlin 2008.

Rheinische Heimatblätter 1926, Heft 8, S. 339 (aufgerufen am 07.05.2019).

Satzung des Landschaftsverbandes Rheinland vom 3. November 1954 § 2 Abs. 3, in: GV. NRW. 1955 S. 9 (aufgerufen am 07.05.2019).

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