Der aus einem reichsgräflichen rheinischen Adelsgeschlecht stammende Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773-1861) ist heute noch als Botaniker und Erforscher der Sukkulentenpflanzen sowie als Schöpfer des Landschaftsparks von Schloss Dyck anerkannt. Fürst Joseph war seit 1803 in zweiter Ehe mit der zu Lebzeiten renommierten französischen Schriftstellerin und Salonière Constance geb. de Théis (1767–1845) verheiratet.
Im Unterschied zu anderen Adligen gelang es Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, der einen Teil seiner Ausbildung in Paris verbracht hatte, nach dem Einrücken der französischen Revolutionstruppen nicht nur, den Erhalt seiner Güter zu sichern, sondern auch rasch in hohe Ämter aufzusteigen. Nach der militärischen Niederlage Napoleons stellte Fürst Joseph erneut seine Flexibilität unter Beweis, indem er - 1816 vom preußischen König in den Fürstenstand erhoben - zunächst im Provinziallandtag der preußischen Rheinprovinz eine politische Karriere machte. Da er sich hier ab 1826 vehement für die Beibehaltung der rechtlichen Errungenschaften der französischen Zeit sowie für die Einlösung des 1815 vom preußischen König für die Rheinlande gegebenen Verfassungsversprechens einsetzte, brüskierte er schließlich die preußische Regierung in Berlin. 1849 zog er sich aus der Politik zurück und konzentrierte sich ganz auf seine botanischen Forschungen.
Ende April 2014 ist die "Netzbiografie zu Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck und Constance de Salm" freigeschaltet worden. Dabei handelt es sich um ein neuartiges Publikationsformat zur rheinischen Adelsgeschichte, das dialogisch aufgebaut und multiperspektivisch mit drei- bis fünfseitigen, miteinander verlinkten Kurzbeiträgen gestaltet ist. Die Netzbiografie wurde mithilfe eines interdisziplinären Autorenteams erstellt. Neben den Doktoranden der Projektleiterin Prof. Dr. Gudrun Gersmann haben Historiker und Historikerinnen des DHI Paris, Fachleute aus den Bereichen Kunstgeschichte, Botanik, Rechtswissenschaften, Wirtschaftsgeschichte und den Archiven mitgearbeitet. Maßgeblich begleitet wurde die Netzbiografie im Rahmen der Adelsarchivpflege seitens des LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrums (LVR-AFZ).
Die Netzbiografie ist ein Ergebnis eines Forschungsprojekts, das derzeit unter dem Titel "Gewinner und Verlierer. Der rheinische Adel in der Sattelzeit (1750–1850)" am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gudrun Gersmann, Universität zu Köln, läuft und mit zwei wissenschaftlichen Stellen von der Fritz-Thyssen-Stiftung gefördert wird. Am Beispiel ausgewählter Adelsfamilien werden die Reaktions-, Karriere- und Anpassungsstrategien des rheinischen Adels im Übergang von der traditionalen zur modernen Gesellschaft in generationenübergreifender Perspektive untersucht.
Im Rahmen des Projekts werden unter anderem die Nachlässe von Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck und Constance de Salm inhaltlich ausgewertet. Die Netzbiografie präsentiert hier erste Forschungsergebnisse. Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, der sämtliche politischen Umbrüche zwischen 1773 und 1861 erlebte und darauf mit großer Flexibilität reagierte, ist aufgrund seiner wechselvollen Biografie und seiner vielschichtigen Persönlichkeit prädestiniert, um als "Messlatte" im Vergleich zu anderen rheinischen Adelskarrieren zu dienen.