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Archive
im Rheinland

News vom 9. November 2015

"Die Urkunden des Stadtarchivs Rees"

Regesten zur mittelalterlichen Urkundenüberlieferung der Stadt Rees von Dieter Kastner erschienen

Am 18. November 2015 wird der Historiker und Archivar Dieter Kastner seinen Band mit Urkundenregesten des Stadtarchivs Rees im Rathaus der Stadt Rees der interessierten Öffentlichkeit vorstellen. Der 332 Seiten umfassende, in der Reihe der "Inventare nichtstaatlicher Archive" vom LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum herausgegebene Band bietet Regesten zu fast 500 Urkunden aus den Jahren 1142 bis 1499. Erschlossen wird er durch ein umfangreiches Personen-, Orts- und Sachregister.

Mit der Veröffentlichung ist der mittelalterliche Urkundenbestand des Stadtarchivs Rees in Regestenform erschlossen und publiziert. Das Inventar macht den einzigartigen Quellenwert dieser an Umfang und Alter einmaligen Überlieferung nicht nur für die lokale, regionale und überregionale Geschichtsforschung, sondern auch für eine breitere Öffent-lichkeit sichtbar. Kastners Werk weist den Weg zu den Urkunden im Reeser Stadtarchiv und bietet gleichsam einen Schlüssel zu den Quellen.

Der Öffentlichkeit dürfte bislang kaum bekannt sein, dass das Stadtarchiv Rees eine ungewöhnlich reichhaltige historische Überlieferung verwahrt, vor allem eine Vielzahl von Urkunden aus dem Mittelalter bis ins 16. Jahrhundert. Insgesamt sind im Stadtarchiv Rees heute 469 in lateinischer, mittelniederdeutscher oder mittelniederländischer Sprache verfasste Urkunden aus der Zeit zwischen 1142 und 1499 im Original oder in zeitgenössischen Abschriften überliefert. Hinzu kommen noch 50 sog. Transfixe, Inserte und Transsumpte, die zu einer Hautpurkunde gehören. Auch die sog. Rotuli (Schriftrollen), die sich für einzelne, leider jedoch nicht für alle Jahrgänge zwischen 1380 und 1450 erhalten haben, vermehren den Inhalt der von der Stadt(verwaltung) ausgestellten Urkunden nicht unerheblich.

Trotz dieser im Stadtarchiv vorhandenen reichhaltigen Überlieferung führt Rees als älteste Stadt am Niederrhein in der Literatur zur niederrheinischen Regionalgeschichte ein eher stiefmütterliches Dasein, ganz besonders was seine mittelalterliche Geschichte betrifft. Erstaunlich ist, dass die enorme Bedeutung der Stadt für die ältere Stadtgeschichte, abgesehen von einigen älteren Arbeiten, bislang kaum gewürdigt worden ist. Sie wird darum im Rheinland kaum und überregional gar nicht wahrgenommen.

Mit dem Inventar wird die Grundlage für Erforschung der mittelalterlichen Geschichte der Stadt Rees neu gelegt. Der Band ermöglicht detaillierte Einblicke in die Entwicklung der spätmittelalterlichen Stadt Rees und das Leben ihrer Bürgerinnen und Bürger, das sich mit Hilfe der Regesten weitgehend rekonstruieren lässt. Für Rees sind derart viele Personen namentlich in ihrer Funktion und Bedeutung bekannt, so dass wir z. B. jetzt für nahezu alle Häuser und Hausplätze die dort lebenden Menschen benennen könnten, was so nirgendwo anders am Niederrhein möglich ist. In ihrer Qualität ist die Reeser Urkundenüberlieferung dabei durchaus mit den legendären Kölner Schreinsbüchern vergleichbar. Darüber hinaus bieten die Reeser Urkunden eindrucksvolle Belege und Aufschlüsse für die Namensgeschichte und die Entstehung der Zunamen im deutschen Sprachraum und ganz speziell am Niederrhein. Auch enthalten sie zahlreiches Material für die Sprachgeschichte, das wegen der speziellen sprachlichen Grenzsituation zwischen Mittelniederdeutsch und Mittelniederländisch fernab vom Mittelhochdeutschen von besonderer Bedeutung ist, sowie für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt und ihres Umlandes, deren topographische Lage durch den Rhein und seine wechselnden Stromlauf- und Landschaftsveränderungen geprägt ist. Schließlich wird das Selbstbewusstsein der Stadt Rees in der Beziehung zu ihren Landesherrn und Fürsten überdeutlich, so zunächst zum Erzbischof von Köln als dem Gründer der Stadt und deren Landesherr (bis 1394) und danach zum Grafen bzw. Herzog von Kleve. So bietet die Überlieferung ungemein detaillierte und zahlreiche Informationen über die Verschuldung des Herzogs wegen dessen kostspieliger Fehden und Kriege sowie der fürstlichen Prachtentfaltung und die Finanzierung seitens der wohlhabenden und geschickten Reeser Kaufleute.

Der Band ist zum Preis von 28,50 Euro beim Habelt-Verlag (Dr. Rudolf Habelt GmbH, Am Buchenhang 1, 53115 Bonn, Tel 0228 923830, E-Mail info@habelt.de) erhältlich.

Dieter Kastner (Bearb.), Die Urkunden des Stadtarchivs Rees. Regesten 1142-1499, hrsg. v. LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum, Bonn 2015 (Inventare nichtstaatlicher Archive 55), 332 S., 21 cm, Kt.

ISBN 978-3-7749-3952-3