Urkunde vom 14. August 1405
Am 6. Dezember 2016 wird der Historiker und Archivar Dieter Kastner in der historischen Bibliothek des Collegium Augustinianum in Gaesdonck seinen Band mit Urkundenregesten zur mittelalterlichen Überlieferung im Archiv zu Gaesdonck deutschen und niederländischen Pressevertretern vorstellen. Das 251 Seiten umfassende Inventar ist als Band 56 in der seit 1941 vom LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum herausgegebenen Reihe „Inventare nichtstaatlicher Archive“ erschienen. Es bietet Regesten zu den im Gaesdoncker Archiv erhaltenen 406 Urkunden aus den Jahren 1351 bis 1550. Erschlossen wird es durch ein umfangreiches Personen-, Orts- und Sachregister.
Mit der Veröffentlichung ist der mittelalterliche Urkundenbestand im Gaesdoncker Archiv in Regestenform erschlossen und publiziert. Das Inventar macht den Quellenwert dieser Überlieferung nicht nur für die lokale, regionale und überregionale Geschichtsforschung, sondern auch für eine breitere Öffentlichkeit im Grenzgebiet zwischen Deutschland und den Niederlanden sichtbar.
Heute existiert in Gaesdonck bei Goch mit dem Collegium Augustinianum ein am Niederrhein wie auch in Westfalen weithin bekanntes, 1849 gegründetes katholisches Gymnasium. Der Name der Schule nimmt auf das dort im späten Mittelalter errichtete, bis zur Säkularisierung im Jahr 1802 bestehende Augustiner-Chorherrenstift Bezug, das heute meist Kloster Gaesdonck genannt wird. An die geistliche Vergangenheit des Ortes erinnern vor allem die nicht unbedeutende gotische Kirche sowie die umfangreiche und wertvolle alte Bibliothek mit insgesamt 6.000 Bänden.
Weniger bekannt dürfte sein, dass sich in Gaesdonck auch ein bedeutendes historisches Archiv befindet, das zahlreiche Urkunden und Akten zur Vergangenheit des alten, um 1350/1405 entstandenen Klosters Gaesdonck enthält. Im 19. Jahrhundert gelangte ein Teil der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Urkunden- und Aktenüberlieferung aus Gaesdonck in das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (heute Landesarchiv NRW – Abteilung Rheinland in Duisburg). Allerdings wurde damals nicht die gesamte Überlieferung nach Düsseldorf abgegeben. Ein weiterer bedeutender Archivbestand vergleichbarer Größe befindet sich noch heute in Gaesdonck. Er enthält u. a. insgesamt 102 Originalurkunden aus der Zeit zwischen 1323/1351 und 1550 sowie zwei Kopiare, d. h. Bände mit Urkundenabschriften. In dem älteren Kopiar sind weitere 304 Urkundentexte des 14. bis 16. Jahrhundert abschriftlich überliefert. Diese Überlieferung, deren Schwerpunkt im 15. Jahrhundert liegt, wird mit dem vorliegenden Inventar erschlossen.
Das Gaesdoncker Archiv enthält einmalige Informationen über die Anfänge und die Blütezeit des Klosters im 14. und 15. Jahrhundert und gibt zudem Auskunft zu Fragen der Ortsgeschichte sowie zur Geschichte der in der Region ansässigen Bevölkerung.
Mit dem Inventar wird die Grundlage für Erforschung der mittelalterlichen Geschichte Gaesdoncks neu gelegt. Der Band ermöglicht detaillierte Einblicke in die Entstehung und Entwicklung des Augustiner-Chorherrenstifts, dessen Anfänge auf ein um 1350 in der Stadt Goch im Geist der Devotio moderna gegründetes Brüderhaus zurückgehen und das 1400 in ein Augustiner-Chorherrenstift der Windesheimer Kongregation umgewandelt wurde. Nachdem zunächst noch in der Stadt Goch ein neues Stiftsgebäude errichtet worden war, zog der Konvent bereits 1405 vor die Tore der Stadt nach Gaesdonck um, wo das Brüderhaus einen Hof mit zugehörigen Ländereien geschenkt erhalten hatte. Im 15. Jahrhundert erlebte Kloster Gaesdonck eine Blütezeit, die bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts reichte. Die Urkunden geben Auskunft über den Bau und die Einweihung der Klosterkirche, über die in Gaesdonck lebenden Chorherren und Laien, über die Wirtschaftstätigkeit sowie über die Förderer und Stifter des Klosters, zu denen neben den Herzögen von Kleve und den Kölner Erzbischöfen v. a. bedeutende Adelsfamilien der Region, etwa die Ritter van der Straeten auf Schloss Wissen, gehörten. Schließlich dokumentiert die Gaesdoncker Urkundenüberlieferung die regionalen Beziehungen des Klosters. Die hier genannten Orte, aus denen die Stifter stammten bzw. in denen die gestifteten Besitzungen lagen, sind v. a. in der näheren und weiteren Umgebung von Gaesdonck zu finden. Häufig genannt werden etwa Asperden, Weeze, Wetten oder Hülm, die heute zur Bundesrepublik Deutschland gehören, sowie mit Afferden, Gennep, Heijen, Mook und Well einige Dörfer entlang der Maas, die heute Teil des niederländischen Staatsgebietes sind. Darüber hinaus enthält das Gaesdoncker Archiv nicht wenige Urkunden zur Stadt Nimwegen, die als überregionales Handelszentrum im späten Mittelalter für die Wirtschaftstätigkeit des Klosters Gaesdonck von großer Bedeutung war. Ungewöhnlich ist, dass sich im Gaesdoncker Archiv auch Urkunden zur holländischen Stadt Schoonhoven bei Gouda befinden. Sie mögen wohl zu Beginn des 15. Jahrhunderts mit einem von dort stammenden Prior nach Gaesdonck gelangt sein.
Der Band ist zum Preis von 23,50 Euro beim Habelt-Verlag (Dr. Rudolf Habelt GmbH, Am Buchenhang 1, 53115 Bonn, Tel 0228 923830, E-Mail info@habelt.de) erhältlich.
Dieter Kastner (Bearb.), Die Urkunden von Kloster Gaesdonck. Regesten 1351-1550, hrsg. v. LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum, Bonn 2016 (Inventare nichtstaatlicher Archive 56), 251 S., 21 cm, Kt.
ISBN 978-3-7749-4037-6